Bahnhof in Münchingen

Station 12 im Historischen Ortsrundgang in Münchingen

Bahnhof Münchingen an der Strohgäubahn Korntal – Weissach

In den 1890er-Jahren war das Strohgäu ein weißer Fleck auf der Eisenbahn-Landkarte. Die von der Königlich Württembergischen Staatseisenbahn zwischen 1846 und 1870 erbauten Bahnstrecken von Stuttgart nach Heilbronn, Pforzheim, Bruchsal und Calw berührten das Strohgäu nur am Rande.
Wie überall in eisenbahnfernen Gegenden setzten auch im Strohgäu auf kommunaler Ebene intensive Bemühungen um den Bau einer Nebenbahn ein. Am 12. Juli 1896 kamen auf Initiative des Nussdorfer Schultheißen Albrecht Mühleisen 40 Gemeindevertreter aus dem Strohgäu und Heckengäu zusammen und gründeten ein Eisenbahnkomitee. Eine im Januar 1898 bei der württembergischen Staatsregierung und den Landständen eingereichte Petition für den Bau einer Schmalspurbahn von Zuffenhausen nach Pforzheim wurde im Mai 1898 abgelehnt und den Gemeinden stattdessen nahegelegt, sich um den Bau von Stichbahnen zu bemühen. Die Gemeinden Münchingen, Schwieberdingen, Hemmingen, Heimerdingen und Weissach fanden sich daraufhin in einem „engeren Komitee“ zusammen und baten im November 1898 um einen Staatszuschuss für eine Bahn von Zuffenhausen nach Weissach. Nachdem auch dieses Gesuch von der Staatsregierung auf die lange Bank geschoben wurde, erklärte sich die Westdeutsche Eisenbahngesellschaft mit Sitz in Köln bereit, die Bahn auch ohne Staatszuschuss bauen zu wollen. Die Gemeinden verpflichteten sich vertraglich, den Grund und Boden unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und einen Baukostenzuschuss in Höhe von 5000 Mark pro Kilometer zu leisten. Nachdem es der Bahngesellschaft nicht gelang, mit der Gemeinde Zuffenhausen Einigung über die dort verlangten Grundstückspreise zu erzielen, wurde der Anschluss an die Staatseisenbahn kurzerhand nach Korntal verlegt.
Der Bahnbau begann erst im Frühjahr 1905, nachdem zuvor noch einige weitere Probleme ausgeräumt werden mussten. Am 13. August 1906 konnte die 22,2 km lange normalspurige Strohgäubahn von Korntal nach Weissach feierlich eröffnet werden. Zum Betriebsbeginn standen zwei Dampflokomotiven, fünf Personenwagen, zwei Postgepäckwagen und vier Güterwagen zur Verfügung. In Weissach wurde eine Werkstatt eingerichtet.
In ihrer langen Geschichte hat die Bahn viele Höhen und Tiefen durchlebt. Mehrmals konnten die engagierten Anliegergemeinden eine drohende Stilllegung abwenden. Bereits 1935 wurde der erste Triebwagen in Betrieb genommen und die Zahl der täglichen Zugpaare auf neun erhöht. Der planmäßige Dampfbetrieb endete 1960. Der Güterverkehr, der durch Zuckerrüben-, Stückgut-, Holz- und Steintransporte geprägt war, musste im Jahr 2000 aufgegeben werden. Dank erheblicher Investitionszuschüsse des Landes Baden-Württemberg und der Kommunen verkehren heute werktags täglich 38 Zugpaare zwischen Korntal und Heimerdingen in einem halbstündlichen Taktverkehr mit modernen Triebwagen auf einer durchgreifend erneuerten Bahntrasse.
Im Jahr 2010 ging die Bahn an den vom Landkreis Ludwigsburg und den Anliegergemeinden gegründeten „Zweckverband Strohgäubahn“ über.
Die im Jahr 1905 errichteten Hochbauten des Bahnhofs Münchingen bestanden aus einem architektonisch ansprechend gestalteten Empfangsgebäude mit angebautem Güterschuppen und einem Abortgebäude. Das Empfangsgebäude verfügte im Erdgeschoss über einen Dienstraum und einen Warteraum sowie im Obergeschoss über eine Dienstwohnung für den Bahnhofsagenten. Außerdem waren eine Verladerampe, ein Freiladegleis und eine im Jahr 1908 errichtete Latrinen-Entladeanlage vorhanden.

Quellen:

Text:
Ulrich Volkmer

Bilder:
Ulrich Volkmer
Stefan Motz
fotokomuen
Privat